Im Kettenheimer Grund haben Frauen aus der katholischen und den evangelischen Kirchengemeinden Weltgebetstag gefeiert. Den Gottesdienst dafür verfassten Frauen aus Malaysia. Am Abend des 2. März wurde die Feier in Wahlheim ökumenisch begangen. Anschließend saßen die Gottesdienstbesucher bei Tee und Gebäck im nahe gelegenen Gemeindehaus zusammen.

 

Foto von Anja Krollmann

Foto von Anja Krollmann

Zu Beginn begrüßte Annelie Wiehler die Besucher und gab erste Informationen zu Malaysia. Frauen aus dem Kettenheimer Grund legten landestypische Gegenstände und Früchte auf den Altar.

Im Gottesdienst gab es Wissenswertes über Land und Leute. Die Gottesdienstteilnehmer erfuhren, dass Malaysia aus zwei Landesteilen besteht: einem Westteil mit der Hauptstadt Kuala Lumpur und einem Ostteil mit der 500 km davon entfernt gelegenen Insel Borneo. Mit einer Gesamtfläche von knapp 330.000 Quadratkilometern ist es etwas kleiner als Deutschland. Etwa 28 Millionen Menschen leben dort. Es ist ein buntes Völkergemisch, bestehend aus 54 % malaysischen, 25% chinesischen, 11% indigenen, 7-8% südasiatischen und 2-3% aus anderen Bevölkerungsgruppen stammenden Menschen. Fast drei Millionen Arbeitsmigranten leben in dem Land, darunter eine Million Flüchtlinge und Menschen ohne gültige Papiere.

Entsprechend dem Völkergemisch ist auch die Religionszugehörigkeit bunt. Staatsreligion ist der Islam. Zu ihm bekennen sich rund 60% der Einwohner. Über 19% sind buddhistisch, über 6% hinduistisch und über 9% christlich. 2,6% der Bevölkerung gehören chinesischen Religionen an. Ein Teil der indigenen Volksgruppe pflegt traditionelle Religionen. Das Christentum kam mit der Kolonisierung Malaysias durch die Engländer. Deren Kolonialherrschaft dauerte von 1826 bis 1963. Rund 3% der Bevölkerung sind römisch-katholisch. Außerdem gibt es evangelisch-lutherische, protestantische, anglikanische, methodistische und syrisch-orthodoxe Kirchen, die Heilsarmee und zahlreiche Pfingstkirchen.

Bei allen zivilrechtlichen Fragen wie Scheidung, Sorgerecht, Erbe sind muslimische Schariagerichte zuständig. Dies führt – etwa bei verschiedenreligiösen Ehen – immer wieder zu Konflikten. Übrigens sind auch Richterinnen an den Gerichten tätig. Politisch ist Malaysia ist eine föderale, konstitutionelle Monarchie. 1957 wurde das Land unabhängig. 1963 entstand ein Regierungsbündnis, führend mit jener Partei, die die überwiegend muslimische Bevölkerung repräsentiert, wobei es auch da immer wieder zu religiösen Konflikten kommen kann, wie die „Allah“-Debatte zeigt: Malaysias Regierung hat 2007 verboten, dass andere Religionen Gott „Allah“ nennen dürfen, da hierdurch eine Missionierung von Muslimen befürchtet wird. „Allah“ ist aber kein dem Islam vorbehaltener Gottesname, sondern eine im Arabischen allgemein übliche Gottesbezeichnung. Auch Christen in Indonesien und im Libanon gebrauchen für Gott das Wort „Allah“.

Das Verbot traf vor allem Christen in Ost-Malaysia, zu dem indigene Völker gehören. Die malaysische Kirche klagte gegen das Verbot und bekam 2009 Recht, wogegen die Regierung in Berufung ging. 2010 kam es zu Angriffen auf Kirchen, die landesweit verurteilt wurden. Die größte islamische Partei erklärte daraufhin, dass der Islam für Glaubensfreiheit stehe und die Gottesbezeichnung „Allah“ auch für andere Religionen offen sei. Gleichwohl wurde nach einer einstweiligen Verfügung – das abschließende Urteil steht noch aus – die Verwendung des Wortes „Allah“ durch andere Religionen verboten. Erst 2011 hat die malaysische Regierung den Druck und die Verbreitung von Bibeln in allen Sprachen erlaubt.

Wirtschaftlich ist Malaysia ein aufstrebendes Land, es zählt zu den 15 bedeutendsten Handelsnationen, wobei der wirtschaftliche Aufschwung klar zu Lasten der Umwelt geht, wie die Regenwaldzerstörung zeigt, und auf Kosten einzelner Bevölkerungsgruppen wie den Indigenen und den Migranten.

„Steht auf für Gerechtigkeit!“ Mit diesem Motto machen die Frauen aus Malaysia auf soziale Probleme aufmerksam, vor allem widmen sie sich dem Problem der Hausangestellten. Hausangestellte gibt es überall auf der Welt. Auch in Deutschland sind Frauen – oft aus sozialer Not heraus – gezwungen, in meist ungeschützten Arbeitsverhältnissen Geld zu verdienen. In dem für den Weltgebetstag ausgearbeiteten Gottesdienst berichten Frauen aus Malaysia von einer Menschenrechtsaktivistin, die mit ihrer Organisation namens „Tenaganita“ hilft, die Ausbeutung weiblicher Hausangestellter öffentlich zu machen. Auch das  Deutsche Weltgebetstagskomitee fördert seit vielen Jahren Projekte in aller Welt, die helfen, die Lebenssituation von Frauen zu verbessern. 2010 wurden fast 90 Initiativen in 36 Ländern mit über 1,7 Millionen Euro unterstützt. Auch die im Gottesdienst in Wahlheim gesammelte Kollekte (208,10 Euro) wird diesem Zweck zugute kommen. Die Weitergabe dieser Kollekte macht deutlich, dass Christsein mit konkretem Handeln zu tun hat.

Das Bild zum diesjährigen Weltgebetstag stammt von der Künstlerin Hanna Cheriyan Varghese. In leuchtend roter, grüner und gelber Farbe vermittelt die Darstellung Ruhe und Dynamik zugleich. Frauen helfen – in einer fließenden Bewegung – einer anderen vom Boden auf. Die Künstlerin Hanna Cheriyan Varghese stammt aus einer syrisch-orthodoxen Familie. Viele ihrer Bilder nehmen biblische Themen auf. Auch diesem Werk hat sie einen Bibeltext zu Grunde gelegt, er stammt aus dem Buch des Propheten Micha, Kapitel 6, Vers 8: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte und Treue lieben, in Ehrfurcht den Weg gehen mit deinem Gott.“ Für die 2009 verstorbene Künstlerin waren ihre Bilder eine Möglichkeit, Menschen im asiatischen Kulturkreis mit biblischen Gedanken vertraut zu machen. Gleichzeitig drückt sich in ihren Werken das religiöse Selbstverständnis von Christen in Asien aus.

Der Weltgebetstag (WGT), der jährlich immer am 1. Freitag im März stattfindet, wird mittlerweile in 170 Ländern begangen. Christliche Gemeinden auf der ganzen Welt feiern an diesem Tag einen Gottesdienst mit Gebeten und Gesängen aus dem Land, das beim WGT vorgestellt wird. Nächstes Jahr wird er aus Frankreich kommen. Dann ist das Thema: „Ich war fremd und ihr nahmt mich auf.“

Der WGT ist eine große internationale ökumenische Basisbewegung, die ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert hat. In Deutschland gibt es sie seit dem Ende des 2. Weltkriegs. Im deutschen Weltgebetstagskomitee arbeiten 12 Frauen aus neun Konfessionen. Sie tragen mit dazu bei, dass Informationsmaterial erstellt und weitergegeben wird und weltweite Projekte von deutscher Seite aus gefördert werden. Mehr über WGT-Projekte finden sich im Internet unter: www.weltgebetstag.de Dort gibt es auch weitere Informationen zu Malaysia und über die Arbeit von „Tenaganita“.

Wer bei der Gestaltung des nächsten Weltgebetstagsgottesdienstes mitmachen möchte, meldet sich bei

Annelie Wiehler

Telefon: 43148

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