Nachdem zwei Konfirmandenjahre Corona bedingt ganz anders waren als vor der Pandemie: ohne Konfi-Fahrt mit Übernachtungen, ohne Konfi-Disco in Frankfurt, ohne einen eigenen Vorstellungsgottesdienst, ohne traditionelle Konfirmation mit Abendmahl, war dieses Jahr wieder alles möglich:

Ende April ging es von Freitag bis Sonntag in die Jugendherberge Gersfeld in der Rhön. Dort kamen neun Konfis und ihre Betreuerinnen: Kira Bläßer, Norah Fuchs und Anja Krollmann sowie der Pfarrhund Phoebe wohl behalten an, nachdem sie sich mit Kleinbus und Pkw stundenlang durch den Wochenendverkehr gequält hatten.

Ihre persönlichen Eindrücke von der Fahrt beschreibt Kira Bläßer:
„Mitten auf der Autobahn zwischen Wahlheim und Gersfeld verliert mein Auto plötzlich an Geschwindigkeit. Wir fahren einen Berg hoch und ich schaue etwas beängstigt auf die Geschwindigkeitsanzeige, die von 130 immer weiter sinkt. Auf 110, auf 100. Ich drücke das Gaspedal ganz durch, doch das Auto beschleunigt nicht mehr. Ich werfe einen Blick zu meiner Beifahrerin Norah.

Norah und ich sind auf dem Weg zur Konfifahrt. Zusammen mit Pfarrerin Anja Krollmann und den Konfis aus dem Kettenheimer Grund verbringen wir drei Tage in der Jugendherberge in Gersfeld in der Rhön. Norah und ich fahren als Betreuerinnen mit. Wobei dieses Auto bald womöglich nicht mehr fährt, denke ich in diesem Moment. Hinten auf der Rückbank sitzen drei Konfis. Sie erzählen, zeigen sich Videos und hören Musik. Dass wir immer langsamer werden, haben sie noch nicht bemerkt. Die anderen Konfis sitzen bei Anja Krollmann im Auto. Auch Phoebe, Anjas Hund ist mit dabei. Die ganze Strecke von Wahlheim sind wir hinter ihr hergefahren. Doch jetzt wird der Abstand zwischen uns immer größer.

„Ich kann irgendwie nicht mehr richtig beschleunigen“, sage ich zu Norah möglichst gelassen. Ich versuche zu klingen, als wäre es etwas völlig Normales, dass ein Auto auf der Autobahn immer langsamer wird. Nun schauen wir zusammen auf die Geschwindigkeitsanzeige, deren Zahl weiter sinkt: 95, 90, 85. Ich sehe uns schon auf dem Standstreifen stehen, als die Anzeige endlich bei 83 Kilometern pro Stunde stehen bleibt. Wir atmen erleichtert auf und fahren mit 80 Stundenkilometern den Berg hoch. Es ist nicht schnell, aber wir fahren. Mittlerweile ist das Auto von Anja Krollmann mit den anderen Konfis nicht mehr zu sehen. Norah und ich rufen also Anja an und sagen ihr Bescheid, dass wir etwas länger brauchen werden.

Als es wieder bergab geht, traut sich mein Auto freundlicherweise schneller als 80 Stundenkilometer zu fahren. Ich stelle die Klimaanlage eine Stufe höher. Es ist heiß und die Sonne scheint. Die Staus haben wir mittlerweile hinter uns gelassen. Es ist Freitagnachmittag und in der letzten Stunde standen wir so oft im Stau, dass man kaum noch von der Kupplung gehen konnte. Tatsächlich schmerzt mein Fuß ein wenig, weil ich so oft die Kupplung getreten habe, aber vielleicht ist das auch nur Einbildung. Ich wünsche mir ein Automatik Auto, denke ich und versuche einen silbernen Mercedes zu überholen, doch weil es wieder bergaufgeht, kann ich nur mit 80 fahren und ich muss mich trauriger Weise wieder hinter dem Mercedes einfädeln.

Kurz bevor wir an der Jugendherberge ankommen, holen wir Anjas Auto und die anderen Konfis wieder ein. Gemeinsam fahren wir durch kleine Örtchen, bis wir in Gersfeld ankommen. Dort auf einem kleinen Hügel steht die Jugendherberge. Viel Zeit zum Ankommen haben wir nicht. Weil wir so lange im Stau standen, essen wir ziemlich direkt zu Abend und gehen dann los. Denn an diesem Abend erwartet uns etwas Besonderes.

Am Rand von Gersfeld, dort wo der Wald beginnt, steht ein Auto und vor dem Auto stehen zwei Männer. Sie werden mit den Konfis und uns eine Nachtwanderung machen zum Thema „Nacht-aktive Tiere des Waldes“. Beide Männer haben jeweils einen Hund an der Leine. Der jüngere Mann ist ein Praktikant aus den USA, der auf dem Hofgut des anderen Mannes und dessen Familie wohnt und arbeitet. Der ältere heißt Michael Schanze. Er gibt uns eine Einführung, wie die Wanderung ablaufen wird, doch ich kann nur auf die Hunde achten, die an ihren Leinen zerren und ihren Kopf neugierig zu Anjas Hund drehen.

Dann wendet sich  Michael Schanze zu seinem Auto. „Ich habe noch einen weiteren Begleiter dabei“, sagt er. Ich erwarte, dass noch ein Mensch aus dem Auto aussteigt und bin sehr überrascht, als Herr Schanze den Kofferraum öffnet. Hat er die Person im Kofferraum eingesperrt?, frage ich mich und muss sofort an die ganzen Filme denken, in denen eine geknebelte Person im Kofferraum liegt. Doch es ist kein Mensch, der im Kofferraum ist, sondern ein Uhu. Wie sich herausstellt ist Herr Schanze Falkner, sofort hat er die Aufmerksamkeit von allen.

Der Uhu blickt sich mit seinen großen, ruhigen Augen um. Sie sind orange. Sein Blick bleibt an Anjas Hund Phoebe hängen und der Uhu sieht ein bisschen so aus, als würde er sich gerade überlegen, ob Phoebe als Abendessen geeignet wäre. Auch der Falkner bemerkt den Blick des Uhus und dreht dessen Kopf um 180 Grad. „Gustav!“, sagt er streng und der Uhu schaut ihn stumm an. Zusammen mit Gustav und den Hunden gehen wir los.

Auf der Wanderung lernen wir eine Menge über die Tiere im Wald und über den Wald an sich. Wir gehen durch ein kurzes Waldstück und als wir herauskommen, ist es dunkel geworden und die Sterne sind zu sehen. Über uns fährt der große Wagen und die ISS fliegt vorbei. Es ist toll, was man alles sieht, wenn man nur einmal hinschaut.

Am Ende der Wanderung, darf jeder der möchte Gustav halten. Der Uhu ist schwer und wenn er einen mit seinen großen, orangenen Augen anschaut, dann muss man sich unwillkürlich fragen, ob man selbst gerade auf der Speisekarte steht. Als wir am Abend in der Jugendherberge zurück sind, ist es schon spät. Müde fallen wir ins Bett.“

Uhu

Uhu Gustav auf der Hand von Falkner Schanze (Foto: Kira Bläßer) begleitet die Gruppe auf ihrer Wanderung durch den Wald. An einigen Stationen gibt der Falkner Einblick ins Leben verschiedener Wildtiere, meist anhand eines Schädelknochens oder einer Kralle, die er in einer Tasche mit sich führt und den Konfis als Anschauungsmaterial in die Hand gibt.

Während die Jugendlichen sich am nächsten Tag in der Jugendherberge auf den Vorstellungsgottesdienst vorbereiteten, der dieses Mal auf den 7. Mai in Kettenheim terminiert wurde, durften die ehrenamtlichen Betreuerinnen freinehmen.

Bei einem Spaziergang erkundeten sie den Ort, davon berichtet Kira:
„Am nächsten Tag haben die Konfis Unterricht. Norah und ich laufen währenddessen auf gut Glück durch Gersfeld. Das schönste in Gersfeld ist der Schlosspark. Wir steigen die Stufen zu einer weißen Villa hoch. Die Villa ist viel schöner als das Schloss selbst. Sie ist umgeben von einem Park und von ihren Fenstern aus hat man sicher eine tolle Aussicht auf die blumengesäumte Treppe und die Häuser in Gersfeld. Heute ist die Villa eine Praxis, wie Norah und ich auf einer Plakette an der Wand erfahren. Wir gehen um die Villa herum und laufen durch den Park. Es ist ein sonniger Tag und als wir wieder in der „Innenstadt“ sind, sehen wir viele alte Leute in den wenigen Cafés und Eisdielen in Gersfeld sitzen. Die Kugel kostet 1,70 Euro und wir gehen zurück in die Jugendherberge. Dort treffen wir die letzten Vorbereitungen für den Spieleabend, den wir für die Konfis vorbereiten.

Wir sind ein bisschen aufgeregt, denn unter den Spielen, die wir ausgesucht haben, ist auch ein besonderes Spiel. Bei dem Spiel geht es darum, dass jeder Spieler ein „Date“ hat. Vorher haben Norah und ich Zettel mit nervigen Eigenschaften geschrieben, die die Spieler während ihres „Dates“ annehmen sollen. Auf einem Zettel steht „Schaue deinem Date nie in die Augen“, auf einem anderen Zettel steht „Sage ständig Ähm“. Jeder Spieler zieht am Anfang eine nervige Eigenschaft und wird mit einem Partner zusammengewürfelt. Die beiden Spieler haben dann ein „Date“ und unterhalten sich. Dabei müssen sie herausfinden, welche nervige Eigenschaft der Partner hat.

Es wird ein schöner Abend. Wir haben in der Jugendherberge einen eigenen Raum und zum Schluss spielen wir alle gemeinsam „Werwolf“. Natürlich mit vielen besonderen Rollen, wie dem weißen Werwolf, der Hexe oder dem Häuptling, damit kein Spieler Dorfbewohner sein muss. Denn wie jeder weiß, ist es das langweiligste der Welt bei Werwolf Dorfbewohner zu sein.

Am nächsten Morgen ist es schon Sonntag. Weil „Werwolf“ bei dem Spieleabend allen großen Spaß gemacht hat, spielen wir an diesem Sonntag nach Ende der letzten Unterrichtseinheit noch eine Runde. Nach dem Mittagessen fahren wir wieder zurück nach Wahlheim. Es muss eigentlich nicht erwähnt werden, dass kurz nach Mainz der Motor meines Autos wieder an Kraft verliert. Wir tuckern also für eine Weile wieder mit 80 Stundenkilometern über die Autobahn. Diesmal aber macht es mir nichts aus. Wir kommen gut in Wahlheim an und verabschieden uns von den Konfis. Hoffentlich, denke ich, haben sie ihre Konfi-Fahrt ebenso sehr genossen wie wir.“