„Weil es so ein kleines Instrument ist, lässt sich nicht jede Literatur darauf spielen.“, erläuterte Rainer Groß die von ihm getroffene Auswahl für das Orgelkonzert, das der Dekanatskantor am 13. Oktober anlässlich des Erntedankfestes in der Freimersheimer Ev. Kirche an der historischen Stumm-Orgel gab.
Kompositionen aus der Entstehungszeit des barocken Instruments kamen zu Gehör, etwa die Sonate B-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) und die Toccata VI von Georg Muffat (1653-1740), mit der der Organist das Konzert begann.
Doch auch neuzeitliche Stücke standen auf dem Programm, so die jazzige Bearbeitung zweier Kirchenlieder von Dieter Falk (*1958) „Lobet den Herren, alle die ihn ehren“ und „Befiehl du deine Wege“ sowie das für Dudelsack geschriebene Stück „Highland cathedral“.
Im Anschluss an den musikalischen Teil lud der Organist die interessierten Zuhörer auf die Empore ein, um sich das Kleinod aus der Werkstatt der Orgelbauerfamilie Stumm in Rhaunen- Sulzbach genauer anzuschauen und weitere Erklärungen über das Instrument und dessen Erbauer zu erhalten.
Eineinhalb Register hat die Freimersheimer Orgel im Pedal, das mit den Füßen gespielt wird, und vier Oktaven im Manual, den Tasten für die Hände. So ein geringer Umfang ist typisch für die kleineren Instrumente der Stummschen Orgelbauer, denen sich so manches Werksstück in rheinhessischen Gotteshäusern verdankt, doch es entspricht auch dem barocken Orgelbau im süddeutschen Raum. Das Freimersheimer Kleinod stammt aus der ersten Generation der Familie. Johann Michael Stumm hatte es um 1745 für die protestantische Gemeinde erbaut. Zur selben Zeit entstand die Orgel in der Bornheimer Kirche. Diese zeitliche Übereinstimmung erklärt, warum sich im Gehäuse des Freimersheimer Instruments eine Pfeife mit der Aufschrift „Orgel Bornheim“ befindet, während in Bornheim eine Pfeife mit der Aufschrift „Orgel Freimersheim“ zu finden ist.
„Dass die Pfeifen damals beim Einbau vertauscht wurden, ist offensichtlich.“, erläutert Rainer Groß dem Publikum nach dem Konzert. „Da es sich aber um denselben Ton handelt, fällt der Fehler nicht auf.“ Die Stumms hatten damals in ihrer Werkstatt schon eine Spezialisierung in den Arbeitsabläufen, erläutert der Dekanatskantor. Es gab Schreiner die nur für das Herstellen des Gehäuses zuständig waren, und Metallbauer, die ausschließlich Pfeifen gegossen haben. Nur wer zum engsten Familienkreis gehörte, durfte das Instrument nach Fertigstellung der Einzelteile zusammensetzen und somit den Beruf des Orgelbauers erlernen. Auf diese Weise wurde das Wissen um die Kunst dieses Handwerks von Vater zu Sohn weitergegeben.
Im Jahr 2017 war das Instrument in Freimersheim von der Orgelbaufirma Müller in Merxheim saniert und auf seinen historischen Kern rückgebaut worden. Dabei musste nicht viel verändert werden, denn die hiesige protestantische Gemeinde hatte in der Vergangenheit wenig an ihrer Orgel ändern lassen. Die meisten Pfeifen sind deshalb im Original erhalten, was dieses Kleinod besonders wertvoll und bedeutsam macht. A. K.