Dass Musik verbindet, konnten die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes an Pfingstmontag in der Freimersheimer Ev. Kirche erleben: Der Pariser Chor „Gospel-River“ war zu Gast und brachte mit seinen stimmungsvollen Gesängen die Anwesenden zum Swingen, Klatschen und Mitsingen. Mit bekannten Liedern wie „O when the saints go marching in“ und „This little light of mine“ begeisterten sie die Gottesdienst feiernde Gemeinde und machten das Pfingstfest zu einem echten Erlebnis für alle Sinne.

Gospel River
Mit Backroundchor und Sologesang, Gitarre, Saxophone und E-Piano als Begleitung brachten sie die Kirche zum Klingen.
Foto: Dr. Michael Busch

Dass Musik verbindet, war auch Thema der Wortverkündigung. „Wo Menschen miteinander Musik machen und hören, da verschwinden Grenzen oder werden relativiert. Da ist es nicht mehr wichtig, woher einer kommt, welche Landessprache er spricht, welche Schulbildung er hat, was er verdient. Soziale, gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Unterschiede überwindet die Musik.“, betonte Pfarrerin Anja Krollmann in ihrer Predigt und wies auf ein Projekt hin, bei dem es um die Überwindung solcher Sprachbarrieren und Herkunftsunterschiede geht. Zwei Studentinnen, Julia Huk und Isabella Kohls, hatten die Idee zu dieser Initiative. „Bridges – Musik verbindet“ lautet das Motto. Gemeinsam mit Profi-Musikern machten sie sich auf den Weg, klapperten hessische Flüchtlingsheime ab. 

Sie wollten nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch mit ihnen Musik machen. Das große Konzert im April 2017 sollte der krönende Abschluss sein. Stattdessen sind aus dieser Initiative neun Ensembles entstanden, und über hundert Konzerte fanden bisher statt. Mittlerweile ist „Bridges“ ein überregionales Vorzeigeprojekt, der Beweis gelungener Integration. Neben Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Iran gehören Spitzenmusiker aus anderen Ländern dazu. Mit deutschen Musikern zusammen geben sie Konzerte in Klassik, Folklore und neuer Musik. So sind aus Fremden Freunde geworden. 

Dass Unterschiede überwunden werden, erlebten auch die Jüngerinnen und Jünger Jesu beim Pfingstfest in Jerusalem. Zum jüdischen Wallfahrtsfest fünfzig Tage nach dem Passah kamen Gläubige aus allen Herren Ländern zum Tempel. In der Stadt herrschte ein unglaubliches Sprachengewirr. Man hörte Griechisch, Latein, Persisch und Arabisch in verschiedenen Dialekten. Viele Menschen waren in der Stadt unterwegs. Nur die Jünger Jesu nicht. Sie saßen fest in ihren Häusern, fühlten sich allein, verunsichert, ängstlich. Jesus war nicht mehr da, aufgefahren in den Himmel, richtig weit fort. Und niemand wusste, wann er wiederkommt und ob überhaupt.

Wie sehr hatten sich die Jünger gewünscht, ihn noch einmal zu sehen, wieder in ihrer Mitte, ihn noch einmal zu berühren, zu hören, dass er noch einmal zu ihnen spricht, damit sie keine Angst mehr haben müssten, nicht das Gefühl, von Gott und der Welt verlassen zu sein. Sicher haben die Freunde Jesu das ein oder andere Mal um dieses Wiedersehen gebetet. Sie hatten gehofft, gewartet auf ein Wunder. Aber er blieb fort. Und er käme nicht so schnell wieder, das spürten sie, nicht gleich durch die Tür, nicht von dieser auf die nächste Sekunde. Eine Sekunde vor Pfingsten. Dann springt der Zeiger um.

Was wir an Ostern kaum erklären können, was uns an Himmelfahrt die Sprache verschlägt, das ist auch an Pfingsten kaum zu fassen. Die Bibel erzählt: Ein Rauschen erfüllt das Haus. Ein Tosen wie von einem gewaltigen Wind breitet sich aus, obwohl Fenster und Türen fest verschlossen sind. Es ist laut, so laut, dass die Leute auf der Straße stehen bleiben, dass Nachbarn aus ihren Fenstern schauen. Einige laufen aus den Häusern, wollen wissen, woher das Brausen kommt. Eine Menschenmenge versammelt sich vor dem Haus, in dem die Jünger sind – horchend, sich wundernd, staunend. Einige murmeln: „Was ist das für ein merkwürdiges Haus? Was sind das für seltsame Leute?“

Die Tür des merkwürdigen Hauses mit den seltsamen Leuten darin tut sich auf. Lachende, fröhliche Menschen treten ins Freie. Mit offenen Armen gehen sie auf Fremde und Nachbarn zu. Ein unglaubliches Stimmengewirr wie auf einem Basar oder Volksfest entsteht. Und was das Erstaunlichste ist: Die Jüngerinnen und Jünger können in verschiedenen Sprachen reden. Wie ein Erdrutsch, der sich plötzlich löst, bricht es aus ihnen heraus. Und die, die sie hören, wundern sich: „Sind nicht alle, die da reden, aus Galiläa? Spricht man dort nicht Aramäisch? Wieso hören wir sie denn auf Persisch, Latein, Griechisch und Arabisch?“ Eine Sekunde nach Pfingsten. Das Wunder ist geschehen: Die ersten Christen bekennen ihren Glauben. Geburtstag der Kirche. Menschen erzählen, was sie als Christen bewegt. Beginn der ersten missionarischen Predigt. Noch ahnen die, die sie hören, nicht, dass daraus eine Massenbewegung wird, dass die Sache Jesu weitergeht, dass sie sich nicht mundtot machen lässt. Nichts und niemand bringt sie zum Schweigen – allen Anfeindungen, allen Widrigkeiten zum Trotz. Der Urknall des Christentums. Der erste Schritt in die Weltreligion. Die ersten Christen machen sich auf den Weg. Pfingsten – das ist die Vielfalt der Sprachen und die Fähigkeit, sie zu sprechen, das ist, dass die Jünger was zu sagen haben, und dass sie damit auf andere zugehen. Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und Nationen begegnen einander und können einander verstehen. 

Auch heute bemühen sich Christinnen und Christen um ein friedliches Miteinander mit anderen Religionen, dass Menschen einander kennen lernen, eine gemeinsame Sprache finden. Auch in Freimersheim war am Pfingstmontag von dem Geist Gottes, der in den Jüngerinnen und Jüngern wirkt, etwas zu spüren. Im Gesang konnten wir eine gemeinsame Sprache erleben, da sind aus Fremden Freunde geworden. Wir erfuhren, wie der Geist Gottes Menschen unterschiedlicher Kulturen und Länder miteinander verbindet, dass er versöhnt, vereint und froh macht. Gebe Gott, dass wir noch lange solche Pfingsterfahrungen machen dürfen, Erlebnisse, die zeigen: In Gottes Kirche weht der Geist der Freiheit. Hier gibt es Platz für jeden, ob er geflohen ist oder eingewandert, hier geboren oder zugereist. In Gottes Gemeinschaft ist jeder und jede willkommen.

Der Chor „Gopsel-River“ mit seinem Leiter Emmanuel Bayikbettek Bao, geboren in Kamerun, der mit seiner Familie seit einigen Jahren in Frankreich lebt und als Sozialarbeiter arbeitet, wird auch im Jahr 2020 den Gottesdienst an Pfingstmontag in Freimersheim mitgestalten. Wer zuvor am Gospel-Workshop in Weinheim teilnehmen will, wendet sich ans Ev. Pfarramt in Offenheim, Telefon: 06736/234. A. K.