Jeden ersten Freitag im März feiern Christinnen und Christen aller Konfessionen weltweit den Weltgebetstag mit einem ökumenischen Gottesdienst. Dieses Mal kam der Entwurf des Gottesdienstes mit Liedern und Gebeten aus Simbabwe, ein Land im Süden Afrikas zwischen Mosambik und Botswana gelegen. „Steh auf und geh!“, lautet das Motto, das Frauen des Weltgebetstagkomitees in Simbabwe für diesen Tag ausgesucht hatten. Auch in der Wahlheimer Kirche wurde am Abend des 6. März 2020 ein Gottesdienst unter diesem Motto gefeiert. Gestaltet wurde er von katholischen und evangelischen Frauen aus dem Kettenheimer Grund.

Iris Karl, Michaela Glöckner und Elke Zorner (von links nach rechts) hießen die Gottesdienstbesucher willkommen.   Foto: Anja Krollmann

Iris Karl, Michaela Glöckner und Elke Zorner (von links nach rechts) hießen die Gottesdienstbesucher willkommen. Foto: Anja Krollmann

Mit Figuren kleiner und großer Elefanten, Tüchern in den Landesfarben Simbabwes, Blumen, Kerzen und dem Weltgebetstagsmotiv des Jahres 2020 war der Altar dekoriert worden. Foto: Anja Krollmann

Mit Figuren kleiner und großer Elefanten, Tüchern in den Landesfarben Simbabwes, Blumen, Kerzen und dem Weltgebetstagsmotiv des Jahres 2020 war der Altar dekoriert worden. Foto: Anja Krollmann


Zu Beginn des Gottesdienstes begrüßten Frauen aus dem Kettenheimer Grund die feiernde Gemeinde und forderten sie dazu auf, sich auch gegenseitig in den verschiedenen Sprachen Simbabwes zu begrüßen. Diese Sprachen sind Shona, Ndebele und Englisch. In den 1890er Jahren gelangte das Land unter britische Führung, so dass Englisch zur offiziellen Amtssprache wurde. Erst hundert Jahre später führte ein mehrjähriger Befreiungskrieg Simbabwe in die Unabhängigkeit. Durch seinen ersten Präsidenten Robert Mugabe, der ein autoritäres repressives Herrschaftssystem etablierte, stürzte das Land in eine wirtschaftliche Krise, die bis heute anhält. Nahrungsmittel verteuerten sich, Devisen fehlten für den Import, die Inflation stieg immer weiter an. Es begann eine bis heute anhaltende massive Abwanderung von Menschen. Offiziell garantiert Simbabwes Verfassung die Gleichberechtigung von Mann und Frau.  Dennoch sind – vor allem auf dem Land – Mehrehe, Zwangsverheiratung und Ausgrenzung von Frauen nach wie vor verbreitet. Im Weltgebetstagsgottesdienst erzählten Frauen aus Zimbabwe davon in ihren Briefen, die von Frauen aus dem Kettenheimer Grund vorgelesen wurden.

Im Mittelpunkt der Feier stand die Lesung des Johannes-Evangeliums, Kapitel 5. Darin wird ein Heilungswunder am Teich Betesda in Jerusalem erzählt: Jesus fordert einen Gelähmten dazu auf: „Steh auf, hebe deine Liege hoch und geh umher!“ Die Heilung geschieht, nachdem Jesus den Gelähmten aufgefordert hat umherzugehen, und dieser – ohne zu zögern – der Aufforderung folgt. Jesu Einladung an den Gelähmten ist das Motto des diesjährigen WGT. Die Frauen aus Simbabwe wollen mit dieser Geschichte daran erinnern, dass Veränderung, die Gott anbietet, möglich ist, wenn Menschen sich dafür entscheiden, geheilt und ganz zu werden: körperlich, geistig, spirituell und zwischenmenschlich. Heil sein bedeutet versöhnt zu sein mit Gott, mit sich selbst und mit anderen Menschen.

Im WGT-Gottesdienst sind Männer willkommen und auch aktiv dabei, so Maximilian (rechts), der Enkel von Annelie Wiehler (links).

Im WGT-Gottesdienst sind Männer willkommen und auch aktiv dabei, so Maximilian (rechts), der Enkel von Annelie Wiehler (links). 

In Simbabwe unterstützt der Weltgebetstag seit 2015 den Envision Zimbabwe Women's Trust. Die Frauenstiftung arbeitet für Konfliktlösung und für eine von Frauen getragene Entwicklung vor allem auf dem Land. „Envision bringt Frauen und Männer, Jung und Alt an einen Tisch und moderiert die vielschichtigen Konflikte, die sich aus den Widersprüchen zwischen manchen Traditionen und Geschlechtergerechtigkeit ergeben. Vor allem das traditionelle Erbrecht, das auf dem Land immer noch befolgt wird und Frauen stark benachteiligt, ist ein Schwerpunkt von Envision. Die sensible und hartnäckige Arbeit der Stiftung zeigt bereits Erfolge: häusliche Gewalt geht zurück und immer mehr Eltern lehnen die Frühverheiratung von Mädchen ab.“ (Quelle: Gottesdienstheft zum WGT 2020).

Der WGT fördert mit seinen Spendengeldern auch andere Projekte zur Selbstermächtigung von Frauen. Im Südwesten Simbabwes lernen sie in einem Kreativzentrum für Kommunikation und Entwicklung mit modernen Medien umzugehen und sich mit journalistischen Methoden für die Geschlechtergerechtigkeit und ihre Rechte einzusetzen. Das Zentrum ist zu einer Anlaufstelle vor allem für junge Mädchen geworden, die aktiv werden und ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen.

Ein weiteres Projekt ist die Unterstützung einer Unterschriftenkampagne, deren Ziel es ist, dass Deutschland auf einen Teil der Schuldenrückzahlung durch Simbabwe verzichtet, vorausgesetzt, dass die Regierung Simbabwes die durch den Schuldenerlass frei werdenden Gelder für Gesundheitsprogramme einsetzt, die der bedürftigen Bevölkerung zugute kommen. Zur Zeit liegt die Höhe der Schulden des Landes allein an Deutschland bei 730 Millionen Euro. Die Petition lässt sich online unterschreiben unter:

https://weltgebetstag.de/aktionen/gesundheit-statt-schulden/

Der Weltgebetstag 2021 kommt aus Vanuatu, einem Inselstaat im Südpazifik. Paradiesisches Flair ist also inklusive. A. K.